Wednesday, April 18, 2012

Biblische Detektivgeschichten

Neben klaren Übereinstimmungen mit belegbar historischen Fakten, gibt es auch Stellen, in denen die Bibel nicht archeologisch beweisbare, also nicht-historische Geschichten enthält. Damit stellt sich die Frage: "Warum wurde die Bibel überhaupt geschrieben? Wer hat die Bibel geschrieben, und wann?"

Israel wird zum ersten mal auf einer Ägyptischen Siegesstele aus dem Jahr 1208 BC erwähnt. Die Hebräische Bibel (= Altes Testament) ist voller Geschichten über die Entstehung von Israel.

Eine Geschichte davon, ist die Geschichte von Abraham, der aus aus Mesopotamien kommt:

"Und der Herr sprach zu Abraham: Geh aus Deinem Vaterland und von Deiner Verwandtschaft und Deines Vaters Hause in ein Land, das ich Dir zeigen will. Und ich will Dich zum großen Volk machen und will Dich segnen und Dir einen großen Namen machen." (Genesis 12,Vers 1 & 2: Der "Bund" - Heiliger Vertrag zwischen dem Ewigen und Abraham)

Zum Zeichen dieses Bündnisses sollen Abraham und alle seine männlichen Nachkommen beschnitten werden. Abrahams Nachkommen werden Gottes auserwählte sein, werden fruchtbar sein und sich mehren, werden das ganze gelobte Land Canaan zwischen den damaligen Supermächten Ägypten und Mesopotamien bevölkern. Als Gegenleistung müssen Abraham und sein Volk einem einzigen Gott huldigen.

Dieser geforderte Monotheismus ist ein neues Verständnis. Keiner zuvor war jemals in einer politheistischen Gesellschaft auf eine solche Idee gekommen, d.h. der Gott nach unserem heutigen Verständnis existierte vor Abraham nicht.


Eine weitere Geschichte war die von Moses:

"Und der Herr sprach zu Moses: Schreib diese Worte auf, denn aufgrund dieser Worte habe ich mit Dir und mit Israel einen Bund geschlossen." (Exodus 34, Vers 27)

Nach traditionellem Glauben schrieb Moses die ersten fünf Bücher der Bibel, die zusammen die Thora - oder auch die fünf Bücher Moses - genannt werden (Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri, Deuteronomium).


Eine andere Geschichte in der Hebräischen Bibel handelt von Josua:

Nach dem Exodus (der Befreiung von Ägypten) bringt Gott - laut Bibel - die Israeliten in das gelobte Land nach Canaan. Josua hat das israelitische Heer nach Canaan geführt und dabei die bislang dort bestehenden Stadtstaaten mit ihren Königen erobert und Canaan in Schutt und Asche gelegt.


Wissenschaftliche Erkenntnisse deuten jedoch auf eine andere - von der Bibel abweichende - historische Geschichte hin.

Nach einer neuen Theorie, der sogenannten "Neueren Urkundenhyptothese" hatte die Bibel nicht nur einen Verfasser (Moses). Forscher fanden die Handschrift von mindestens vier verschiedenen Gruppen von Verfassern, die über mehrere Jahrhunderte an der Thora geschrieben hatten. Die Niederschrift der hebräischen Bibel könnte bereits gegen 1000 v.Chr. begonnen haben.

Der Zeitrahmen für den Exodus war zwischen 1275 BC und 1208 BC. Der Ägyptische Pharao Ramses II gilt als Pharao des Exodus. Laut Bibel verlassen die Israeliten Ägypten in einer riesigen Völkerwanderung (600.000 Mann mit ihren Familien ziehen 40 Jahre lang durch die Wüste), doch Archeologen haben bislang keinen Beweis für eine Völkerwanderung gefunden, die sich mit dem Exodus in Verbindung bringen ließe. Der historische oder archeologische Nachweis für den Exodus bleibt also offen.

Die vier Autorengruppen der Bibel haben jeweils Ihren eigenen Text zur Exodus-Geschichte beigetragen, wahrscheinlich alle aus dem gleichen Grund heraus: dem starken Willen zur Freiheit. Die Exodus-Geschichte kann unter dem Aspekt der Freiheit verstanden werden. Vom Bestimmtsein durch Andere zur Eigenbestimmung. Von fremder Vorherschaft zu Autonomie. Dieses sind große Ideen, die den menschlichen Geist beschäftigen und der Exodus verleihte diesen Ideen eine erzählte Realität.

In der Bibel gibt es die Geschichte der Israeliten, die durch Josua geführt von Aussen kommen, um dann die kanaanitischen Städte zu belagern, zu zerstören und schließlich zu einer Nation im Land Cannaan zu werden. Die Archeologie liefert uns aber etwas, das genau das Gegenteil besagt. Nach der Archeologie ist der Aufstieg des jungen Israels das Ergebnis des Zusammenbruchs der kanaanitischen Gesellschaft, nicht dessen Ursache. Es wird angenommen, dass die meisten frühen Israeliten ursprünglich vertriebene Canaaniter waren. Die Israeliten waren schon immer im Land Israel. Sie waren dort heimisch. Es gab dort nur verschiedene Gruppen. Im Wesentlichen waren die Israeliten Besitzlose. Es gab also damals eine soziale und wirtschaftliche Revolution und keine Eroberung von Aussen (wie sie die Bibel beschreibt).

Die Texte des Altertums beschreiben, wie die Ägyptischen Herrscher und Ihre kanaanitischen Vasallenkönige (...die ebenfalls den ägyptischen Herrschern dienten...) der Unterschicht Canaans Steuern und sogar Sklaverei aufbürdeten. Als das unterdrückerische System in Canaan kollabiert, nutzen die Familien und Stämme der Leibeigenen, Sklaven und gemeinen Canaaniter die Gelegenheit. Auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen sie die alten Stadtstaaten und ziehen in Richtung Bergland. Frei von der Unterdrückung in der Vergangenheit, gehen sie schliesslich an einem neuen Ort als ein neues Volk hervor: die Israeliten.

Die Archeologie entlarvt die Israeliten also als ursprüngliche Canaaniter. Warum aber stellt die Bibel die Israeliten konsequent als Aussenseiter in Canaan da? Die Antwort liegt vielleicht in dem Wunsch, sich eine eigene, neue Identität zu erschaffen. Identität entsteht - so sagen Psychologen - indem ich definiere was ich nicht bin, indem ich über das Anderssein spreche. Um Herauszufinden wer ich bin, muss ich erst herausfinden, wer ich nicht bin. Die Israeliten lehnten das canaanitische Sytem ab und definierten sich als Gegenmodell dazu. Wenn sich die Israeliten von ihrer canaanitschen Vergangenheit abgrenzen wollten, was gäbe es besseres als eine Geschichte über deren Vernichtung zu erschaffen.

Doch die Geschichten über Abraham, den Exodus und die Eroberung dienen einem anderen Zweck. Sie sind der feierliche Ausdruck ihrer Macht, die nach der Bibel der wichtigste Unterschied zwischen den Israeliten und allen anderen Menschen ist: ihr Gott Jahweh (YHWH).

Später wird im Judentum dieser Name Gottes als so heilig betrachtet, dass er niemals ausgesprochen werden darf. YHWH scheint der persönliche Name des Gottes Israels gewesen zu sein. Er trug in gewisser Weise den Titel Gott und sein Name war YHWH (etwa Jahweh ausgesprochen).

Doch YHWH (Jahweh) taucht nur in der hebraischen Bibel auf. Sein Name findet keinerlei Erwähnung in irgendwelchen canaanitischen Texten oder Erzählungen. Wo also finden die Israeliten ihren Gott?

Ägyptische Texte bezeichnen einen Ort YHW in den Wüsten Süd-Kanaans (im heutigen Jordanien) an dem das Nomaden-Volk der Shasu (dt. Schasu) lebte - ungefähr zur gleichen Zeit, als auch die Israeliten auf der Bildfläche erschienen. Die Shasu hatten einen Schutzgott mit dem gleichen Namen YHW (etwa Jahu ausgesprochen). Dieser Name YHW ähnelt verblüffend YHWH, dem Namen des Israelitischen Gottes.

In der Bibel wird das Gebiet in dem die Shasu lebten als Midian bezeichnet, und dort begegnet Moses vor dem Exodus laut der Bibel YHWH in Gestalt eines brennenden Buschs.

"Gott sprach: Tritt nicht herzu. Ziehe Deine Schuhe von Deinen Füssen denn der Ort darauf Du stehst ist heiliges Land. Und Gott sprach weiter zu Moses: So sollst Du zu den Israeliten sagen: YHWH, der Gott eurer Väter hat mich zu Euch gesandt. Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht." (Exodus 3, Vers 5 & 15)

Selbst wenn es beim biblischen Exodus keine grosse Völkerwanderung aus Ägypten nach Canaan gab, so gab es wahrscheinlich doch eine kleine Gruppe die aus Ägypten fliehen konnte. Jedoch waren dies keine Israeliten, sondern wohl eher canaanitische Sklaven. Auf dem Weg zurück nach Canaan ziehen sie durch Midian, wo sie eine Art göttlicher Erfahrung machten und begeistert die Geschichten über den Gott der Shasu YHW aufnahmen. Demographisch war es nur eine kleine Gruppe, aber ideologisch war sie von grosser Bedeutung. Sie gelangen in das zentrale Hügelland, wo sie auf die Stämme stossen, die der Tyrannei der canaanitischen Stadtstaaten entflohen waren.

Die Geschichte Ihrer Befreiung findet ihren Nachhall in einer neuen, egalitären Gesellschaft. Die befreiten Sklaven schreiben Ihre Freiheit jenem Gott zu, dem sie in Midian begegnet waren, und den sie nun YHWH (Jahweh) nennen. Sie verbreiten die Idee eines Gottes, der für Freiheit steht, einer Freiheit die den Menschen erlaubt die Früchte Ihrer Arbeit selbst zu ernten. Diese Botschaft war so kraftvoll, dass sie die Menschen zusammenbrachte und ihnen eine neuartige Identität verlieh: die Identität der Israeliten.

Die Israeliten sind eine Mischung aus entrechteten Canaanitern, geflohenen Sklaven aus Ägypten und sogar Nomaden die sich nun niederliessen. Das frühe Israel ist ein bunter Haufen von Menschen, der durch eine neue Vision und einen revolutionären Geist verbunden war. Bei dem "auserwählten Volk" handelt es sich vielleicht einfach um Menschen, die für sich die Freiheit gewählt haben.

Die Geschichte Ihrer Flucht - die zuerst mündlich und in Versform weitergetragen wurde - verhilft Ihnen zu einer kollektiven Identität unter den Stämmen. Später wird sie in der niedergeschriebenen Form zu einem zentralen Thema der Bibel: Erlösung durch einen Gott der aus Midian stammt, genau von dort wo es die Bibel sagt, und übernommen von den Israeliten, um ihren Exodus von der Sklaverei in die Freiheit zu repräsentieren.


Etwa zwei Jahrhunderte vergehen nachdem die ägyptische Siegesstele Israel das erstemal erwähnt, Familien werden zu Stämmen und die Bevölkerung wächst. Dann gegen 1000 BC taucht eine der wichtigsten Figuren der Bibel auf, um die 12 Stämme Israels gegen einen mächtigen neuen Feind zu vereinen.

"Und David tat seine Hand in die Hirtentasche und nahm einen Stein daraus und schleuderte ihn und traf den Philister an die Stirn, dass der Stein in seine Stirn fuhr und er zur Erde fiel auf sein Angesicht" (1. Buch Samuel 17, Vers 49)

Die Bibel rühmt David als einen Hirtenjungen, der den Riesen Goliath bezwingt, als einen Mann, den es nach verbotenen Früchten gelüstet und als einen Dichter der lyrische Psalmen verfasst, die bis heute rezitiert werden. Kein Name taucht in der Hebräischen Bibel häufiger auf als David.

Nach der heiligen Schrift errichtet David ein Königreich, das von Ägypten bis Mesopotamien reicht. Er macht Jerusalem zu seiner königlichen Haupstadt und in einem neuen Bund verspricht YHWH, dass David und seine Nachkommen auf Ewig herrschen werden.

Davids Sohn Salomo baut den Tempel in dem YHWH - inzwischen der nationale Gott Israels - in Ewigkeit wohnen soll. Das Königreich von David und Salomo ist eine Nation vereint unter einem Gott - so schreibt es zumindest die Bibel.

Einer Siegesstele auf der ein "König aus dem Hause David" erwähnt ist, liefert den archeologisch historischen Beweis, dass David wirklich gelebt hat.
Im Unterschied zur Genesis rücken die Geschichten der Könige Israels den Bibeltext aus dem Reich der Legende ins Licht historischer Gegebenheiten. Je weiter wir in der Zeit vorrücken, auf umso festerem historischem Grund stehen wir. Es gibt bessere Quellen, mehr schriftliche Quellen und mehr Berichte damaliger Augenzeugen. Wenn Querverweise zwischen der biblischen Chronologie der Könige Israels und historischen Inschriften hergestellt werden können, dann liefert dies den Forschern relativ verlässliche Daten.

König David ist die älteste biblische Figur, die von der Archeologie als historisch belegt betrachtet wird. Die meisten Forscher sind sich einig, dass David um 1000 BC gelebt hat.

Forscher suchen nach archeologischen Beweisen für die Existenz des Königreichs Davids. Die Überreste Salomos Tempel liegen unter dem Felsendom in Jerusalem.
Ausgrabungen sind jedoch schwierig, da Jerusalem den drei monotheistischen Religionen (Christentum, Judentum, Islam) als heilig gilt. Jerusalem ist heute ein wichtiges Symbol und von grosser Bedeutung für alle drei Überlieferungen.

Während die Priester dem einen Gott YHWH im Tempel Tieropfer darbrachten, waren viele Israeliten nicht so loyal gegenüber nur einem Gott. Archeologische Ausgrabungen an einem israelitischen Haus haben gezeigt, dass die alten Israeliten nicht nur Gott YHWH sondern auch eine Fruchtbarkeitsgöttin Asherah verehrt haben. Ashera ist der Name der alten canaanitschen Muttergöttin. Selbst Jahrhunderte nachdem die Israeliten ihren heidnischen, canaanitischen Wurzeln entwachsen waren, hatte sich der Monotheismus noch nicht vollkommen durchgesetzt. Die Religion der Israeliten war zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausschließlich monotheistisch.

Auch die Bibel räumt ein, dass die Israeliten Ashera und andere canaanitische Götter wie Baal weiter verehrten. Die Propheten, heilige Männer die im Namen Gottes sprechen, wettern immer wieder gegen den Bruch des Bündnisses mit Moses allein YHWH zu verehren: "Aber wenn man sie jetzt ruft, so wenden sie sich davon und opfern den Baalen und räuchern den Bildern" (Joseah 11, Vers 2)

Die Israeliten hatten einen Vertrag mit Gott (Der Bund = Monotheismus). Wenn sie Ihn einhielten würde Gott sie belohnen, wenn sie den Vertrag brächen, würde Gott sie bestrafen, indem er sich fremde Mächte zum Werkzeug machen würde.

Nicht lange nach Salomos Tod 930 BC rebellieren die 10 Stämme im Norden und bilden das Nordreich Israel. Im Süden bleiben 2 Stämme im Reich Judah. Dann stürmt ein mächtiger neuer Feind heran aus Mesopotamien, um das größte Imperium zu bilden, dass der Nahe Osten je kannte: die Assyrer.

Die Assyrer waren die militärische Übermacht und Israel und Judah, die beiden Staaten die die Bibel als die Staaten nennt aus denen sich das Volk Israel zusammensetzt, werden von der unaufhaltsamen Assyrischen Macht unterjocht.

722 BC unterwirft das Assyrische Heer das Nordreich. Jene die dem Tod oder der Verschleppung nach Assyrien entkommen, strömen südwärts nach Jerusalem, wo weiterhin die Nachkommen von David und Salomo regieren. Unter Ihnen befindet sich Josiah, der - so die Bibel - die Forderungen der Propheten nur YHWH zu verehren schließlich beherzigen sollte.

Im Buch der Könige erfahren wir, dass König Josiah im späten siebten Jahrhundert vor Christus die Entdeckung einer Schriftrolle in den Tempelarchiven mitgeteilt wurde. Man brachte Josiah die Schriftrolle und als sie verlesen wurde, begann Josiah zu weinen, weil er erkannte, dass es ein heiliger Text war, der göttliche Gebote enthielt, die die Menschen gebrochen hatten.

Forscher glauben, dass die verschollene Schriftrolle Teil des Deuteronomiums - des fünften Buches der Thora - ist, eine umfassende Sammlung von Gesetzen und Geboten.

Um dem Bündnis Geltung zu verschaffen, befiehlt König Josiah die Bildnisse und Altäre aller anderen Gottheiten zu zerstören. Das Deuteronomium enthält das deutlichste Verbot andere Götter zu verehren: die Zehn Gebote. "Ich bin Jahweh, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst Dir kein Bildnis machen in irgendeiner Gestalt. Du sollst sie nicht anbeten, noch ihnen dienen." (Deuteronomium 5, Vers 6-9)

Die zehn Gebote stellen nicht nur einen Vertrag mit YHWH dar, sondern auch einen Verhaltenskodex untereinander. Indem sie den Glauben an einen Gott mit moralischem Handeln vereinen, stellen die 10 Gebote einen für Alle gültigen Kodex der Moral und Gerechtigkeit auf. Das Ideal der westlichen Zivilisation.

Trotz Josiahs Reformen verehren die antiken Israeliten aber weiterhin auch andere Götter. Ihr endgültiges Bekenntnis zum Monotheismus beginnt erst mit einer Folge von Ereignissen, die die Archeologie, Texte aus dem Altertum und die Bibel lebhaft bezeugen:

Den Anfang macht die Zerstörung YHWH's irdischer Wohnstätte (Salomos Tempel in Jerusalem). Nach dem Sieg über die Assyrer fällt 586 BC eine neue Mesopotamische Streitmacht in Israel ein. Die Babylonier plündern den Tempel und brennen die heilige Stadt systematisch nieder.

Der Bund mit dem YHWH seinem auserwählten Volk und David die ewige Herrschaft in Jerusalem versprochen hatte ist gebrochen. Nach 400 Jahren ist Israel ausgelöscht.

Die Babylonier treiben die israelitischen Priester, Propheten und Schreiber zusammen und bringen sie in Ketten ins Exil nach Babylon. Unter den Exilanten aus Jerusalem befanden sich auch Priester des Salomonischen Tempels und diese scheinen die heiligen Dokumente aus dem Tempel - ihre heiligen Überlieferungen früherer Quellen (J,E,D) - vor den Flammen der Zerstörung gerettet und mit nach Babylon gebracht zu haben. Priester und Schreiber haben dann in Babylon einen Großteil der Hebräischen Bibel wie wir sie heute kennen verfasst. Gelehrte bezeichnen diese Autorengruppe in Babylon als Quelle "P" für "Priesterschaft". Die Quelle P verwendete alle früheren Überlieferungen (z.B. die J-Quelle, die E-Quelle, die D-Quelle sowie weitere Überlieferungsquellen) und vereint sie zu dem, was wir als Thora kennen, nämlich die ersten fünf Bücher der Bibel. Doch über das bloße Zusammenstellen der Quellen hinaus, verfasst P eine überarbeitete Fassung der Vergangenheit Israels (einschließlich der Geschichte Abrahams), die es den Israeliten erlaubt ein Volk zu bleiben und ihren Bund mit Gott aufrecht zu erhalten.

Dabei sollte die Beschneidung der Vorhaut das Zeichen des Bundes zwischen YHWH und den Israeliten sein (siehe auch Genesis 17, Vers 11). In dem Genesis Vers war damit aber weniger Abraham gemeint, als vielmehr die Exilanten im 6. Jahrhundert BC in Babylon, welche einen Weg suchten, ihre Andersartigkeit (Abgrenzung von den Babylonern) zu bekräftigen. So kamen sie auf die Beschneidung nicht einfacht nur als ein weiteres Ritual, sondern als das Kennzeichen des Bundes schlechthin. (Diese Auffassung schrieben die Autoren der Quelle P dann rückwirkend Abraham zu.)

Für die Israeliten im Exil in Babylon stellten die Babyloner die neuen Canaaniter dar, nämlich Götzen anbetende, unbeschnittene Menschen, von denen sich die Israeliten abgrenzen mussten.

Exil und Wiederkehr gehören zu den Themen, von denen die Bibel durchdrungen ist (Abraham geht nach Ägypten und kehrt aus Ägypten zurück; die Israeliten gehen nach Ägypten und ziehen von dort wieder aus; usw). Auf die Exilierten im 6. Jahrhundert BC in Babylon muss dies sehr stark gewirkt haben und sie glaubten, dass Gott, der in der Vergangenheit für sie gehandelt hat, es auch diesmal wieder tun wird.

Um sich des göttlichen Schutzes auch in einem fremden Land (ohne Tempel und ohne Opfer) zu versichern, unterstreicht die P-Überlieferung die Gebote (z.B. das Sabbath-Gebot). Die Israeliten müssen nicht im Land Israel sein, um den Sabbath zu begehen. Die Exilierten lernten auch in Gruppen zu beten und schufen damit den Vorläufer von Synergogen.

Während der Zeit des Exils in Babylon begriffen die Exilierten, dass sie selbst fern ihrer Heimat, ohne einen Tempel, ohne die Priesterschaft, ohne Könige, ihren Gott ehren, Gott treu sein und Gottes Geboten folgen können. Das ist die Gründung des Judentums. Die Erfahrung des Exils wandelt den alten israelitischen Kult zu einer modernen Religion.

Die Israeliten stellten sich auch die Frage, warum Ihr Gott YHWH sie im Stich gelassen hat, denn die Götter der Babyloner mussten ja mächtiger sein, sonst hätte - nach altertümlicher Meinung - das Land Babylon nicht das Land Israel besiegen und zerstören können. Dabei kamen die Israeliten zu der Erklärung, dass Gott sie im Stich gelassen hatte, weil sie etwas Unrechtes getan hatten und damit den Zorn von YHWH auf sich gezogen hatten. So sehen sie ein, dass der Politheismus ihren Niedergang herbeigeführt hatte und es letztlich nur einen Gott gibt. Damit schwören die Israeliten endgültig dem Irrglauben des Politheismus ab und der Monotheismus triumphiert.

Aus der Erfahrung des Exils und der Niederschrift in der Bibel entsteht der Gottes-Begriff wie wir ihn heute kennen. YHWH wurde zu einer universellen Gottheit erhoben, mit der Macht das Geschehen im gesamten Universum zu beeinflussen. Die israelitische Gottheit YHWH wird zum Gott der drei grossen monotheistischen Religionen.

539 BC wird das Babylonische Reich von den Persern bezwungen und YHWH dirigiert - wie in der Bibel beschrieben - einen weiteren Exodus.

(Informationen aus Arte-Dokumentation Biblische Detektivgeschichten im Original The Bible's Buried Secrets)